Post 14. Jan. 2015

Verschiebung bei Statusbewertungen - in Projekten und überall

Im Kontext des Projektmanagements bzw. der Diskussionen über die Verbesserung von Projektmanagementprozessen und der damit verbundenen Kundenkommunikation, stellt sich immer die Frage wie man den Projektstatus möglichst einfach aber dennoch korrekt aggregiert ermittelt und darstellt. Am Ende steht zumeist ein Ampelsystem, welches mehr oder minder gut mit Daten belegt ist:

  • grün: der Status entspricht der Planung
  • gelb: der Status liegt leicht hinter der Planung
  • rot: der Status ist kritisch und die Projektziele sind gefährdet

Das grundsätzliche Problem bei diesem Ansatz ist, dass es eine ausschließliche Negativskala ist. Damit wird allerdings der Realität zum einen nicht entsprochen und zum anderen das Bild des Status und damit auch die Erwartungshaltung der Beteiligten verzerrt.

Denn klar ist, eine Projektplanung ist erst einmal “nur” eine Planung. Und mit Planungen werden - weit entfernt von sachlichen Bewertungen - auch andere Erwartungen, Ansprüche, Emotionen und Ziele verbunden.

Wenn eine Planung seriös aufgesetzt wurde und einige Puffer eingeplant werden konnten, ist die Erwartung hoch, dass der Plan eingehalten werden kann. Möchte man die Wahrscheinlichkeit der Planeinhaltung bereits in der Planungsphase erhöhen, bewertet man Risiken pessimistischer, Aufwände höher und setzt mehr Puffer ein. Ist der Druck der Rahmenbedingungen hoch, werden Planaufwände reduziert, Risiken optimistischer bewertet und Puffer gekürzt. Das ist der Alltag, der Planungen in der Regel von Beginn an beeinflusst und verzerrt. Am Ende erhält man immer eine Planung, die irgendwo zwischen den Grenzwerten des Optimismus und des Pessimismus liegt - nie aber einen exakten Plan vorgeben, der tatsächlich auch exakt eingehalten werden könnte.

Zurück zur Ampel: Hier wird nun “grün” mit “nahezu exakt innerhalb der Planung” gleich gesetzt. Gelb und rot sind Ausschläge in eine negative Entwicklung. Eine positive Entwicklung kann nicht bewertet werden und wird wenn überhaupt lediglich als Beruhigung kommentiert oder empfunden. Damit ist systemisch festgelegt dass ein Projekt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 grün, 1/3 gelb und 1/3 rot stehen kann - die Erfolgswahrscheinlichkeit also alleine durch die Bewertung max. 1/3 beträgt. Hinzu kommt, dass negative Verläufe mit entsprechend mehr Aufmerksamkeit betrachtet werden. Kein Wunder, dass der Eindruck entstehen kann, dass viele Projekte scheitern …

… unabhängig davon, dass sie das vielleicht trotzdem tun und das natürlich andere Gründe als eine verzerrte Bewertung hat. Auch eine verzerrte Bewertung ist keine Rechtfertigung für fehlendes oder falsches Projektmanagement. Darauf möchte ich gar nicht hinaus.

Das Problem ist eher, dass man keine Chance hat, zum einen Land nach vorne zu gewinnen - also durch gute Projektphasen zusätzliche Puffer aufzubauen, die man später aber ggf. auch wieder aufbrauchen kann oder muss. Zum anderen dass durch eine einseitig negative Ampelkommunikation die Situation verfälscht wird, weil grün eben “nur” heißt, dass man noch nicht zurück liegt, aber nicht, ob man ggf. besser ist als gedacht.

Sinnvoll wäre aus meiner Sicht eine ausgewogene Skala, wo gelb = entsprechend der Planung ist, grün Entwicklungen über den Erwartungen anzeigt und rot Entwicklungen hinter den Erwartungen. Letztlich würde so bspw. in einem täglichen oder wöchentlichen Status kommuniziert werden können, dass es sich bei der plangerechten Entwicklung nicht gleichzeitig um das Optimum handelt, sondern eben “nur” um den Durchschnitt, der aber zur Zielerreichung des Projektes ausreicht.

Dabei muss ich noch anmerken, dass es mir keineswegs um die bildliche Ampelbewertung geht, sondern um das omnipräsente Konzept dieser einseitigen Bewertung, welches sowohl explizit als auch implizit angewendet wird und damit enorm die Erwartungshaltungen prägt. Das ist bei Schulnoten auch nicht anders.

Das selbe verzerrende Prinzip findet sich leider auch woanders. Bspw. stecken öffentliche und allgemeinnützige Organisationen in der Fall, dass ihnen - zu recht - die Gewinnerzielungsoptionen abgesprochen werden, da sonst die allgemeinen Interessen zugunsten der eigenen verschoben werden würden. Somit kann grundsätzlich nie - und praktisch nur schwer - in irgendeiner Form ein Überschuss erarbeitet werden. Wenn allerdings negative Belastungen hinzu kommen, müssen diese getragen werden - von Investitionen ganz zu schweigen. Dafür wären bei seriöser Planung allerdings Puffer bzw. Rücklagen erforderlich, die allerdings nur aus Überschüssen aufgebaut werden können - woher sonst? Vereinen wird dann aber unterstellt, die Kriterien der Allgemeinnützigkeit nicht zu erfüllen. Öffentliche Etats die nicht ausgeschöpft wurden, werden gestrichen oder für Folgeplanungen herunter gesetzt. Eine positive Entwicklung also oftmals angemahnt anstatt belohnt.

Jeder Ausschlag des einseitigen Statusbarometers von grün nach gelb oder rot verringert zudem den Erfolgsdurchschnitt. Langfristig wird in der statistischen Betrachtung also ausschließlich eine Negativentwicklung zu sehen sein. Denn ein Positivausschlag auf der Skala, der den Durchschnitt heben könnte, ist systemisch nicht vorgesehen.